Stellungnahme: Stolpersteine sind unerlässlicher Teil lokaler und nationaler Erinnerung und Mahnung
Es erscheint widersinnig: man gedenkt getöteten Menschen, indem man auf sie tritt? Ganz so einfach ist die Sache nicht – auch wenn ihre Gegner*innen immer wieder so argumentieren. Stolpersteine, erdacht vom Künstler Gunter Demnig, wurden seit 1992 in mittlerweile über 1.100 deutschen Städten und Gemeinden verlegt. Hinzu kommen Stolpersteine in über 20 weiteren europäischen Ländern.
Die kleinen, ebenerdig verlegten Gedenktafeln erinnern an die Menschen, die während der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, verschleppt und ermordet wurden. Sie werden stets an den Orten verlegt, die diese Menschen zuletzt freiwillig als ihren Wohnort gewählt haben. Jede Tafel benennt Namen, Lebensdaten und den letzten bekannten Aufenthaltsort – zumeist ein Konzentrationslager – jeweils einer Person. Dabei handelt es sich häufig, aber keineswegs ausschließlich, um Menschen, die während der Zeit des Nationalsozialismus als jüdisch klassifiziert wurden – auch wenn Gegner*innen dies gerne als Gegenargument anführen.
Das Stolperstein-Projekt gilt als das größte dezentrale Mahnmal der Welt. Und es ist genau diese Dezentralität, die Stolpersteine zu einer sinnvollen, ja, notwendigen Ergänzung zur Erinnerung an den Nationalsozialismus und der in dieser Zeit verübten Gräueltaten machen. Die Menschen, die verfolgt, verschleppt und ermordet wurden, lebten inmitten der deutschen Gesellschaft. Sie waren Teil von Siedlungen, Nachbarschaften, Gemeinden und Städten. Ihrer ausschließlich an ausgewiesenen Orten zu gedenken verschleiert diesen Umstand. Nicht zuletzt deshalb würdigen unter anderem der Vorsitzende des Zentralrats der Juden und dessen Präsidium Stolpersteine als „eine sehr gute und würdige Art des Gedenkens an die Opfer der Schoa.“
Stolpersteine geben den Menschen, die nicht selten vor den Augen und mit dem Wissen ihrer Nachbar*innen verschleppt und ermordet wurden, einen Namen und einen Ort. Sie markieren die Allgegenwart der Verbrechen des Nationalsozialismus. Sie zeigen nicht zuletzt jungen Menschen, dass der Nationalsozialismus und seine menschenverachtenede Ideologie auch an ihrem Heimatort zu Verfolgung und Mord geführt hat. Sie sind ein unerlässlicher Teil lokaler und nationaler Erinnerung und Mahnung.
Dr. Jörn Eiben
Informationen zu:
- Stolpersteinprojekt: http://www.stolpersteine.eu (von dort stammen auch die Zahlen und die Informationen, die diesem Beitrag zugrunde liegen)
- Der Position des Zentralrats der Juden: https://www.zentralratderjuden.de/service/faq/ (von dort stammt auch das Zitat)