Rede von Klaus Sass, stellv. Bürgermeister (Ratssitzung 22. Juni 2023)
Herr Bürgermeister, Frau stellv. Ratsvorsitzende
Sehr geehrter Stadtrat,
meine sehr geehrten Damen und Herren!
Am 16. Oktober letzten Jahres verstarb unsere ehemalige Bürgermeisterin Brigitte Escherhausen. 1936 als Brigitte Preckschat in der westpreußischen Kleinstadt Strasburg geboren, hat sie hier in Osterholz-Scharmbeck eine neue Heimat gefunden.
Brigitte Escherhausen war eine kämpferische und aufrechte Sozialdemokratin und hat die Stadt Osterholz-Scharmbeck und den Landkreis Osterholz mit ihrem Tatendrang, ihrem Sinn für Gerechtigkeit und ihren tiefen Überzeugungen über Jahrzehnte geprägt und mitgestaltet.
Ihr Wirken war in allen ihren Ämtern, ob als Mitglied des Stadtrates von 1974 bis 2006, ob als stellvertretende Bürgermeisterin von 1986 bis 1990 bzw. von 2001 bis 2005, ob als Bürgermeisterin von 1990 bis 2001 oder als Ortsvorsteherin von Scharmbeckstotel von 1986 bis 2006, ihr Wirken war von großer Bürgernähe, von Kompetenz und Zielstrebigkeit, zugleich aber auch von menschlicher Größe, Freundlichkeit und Wärme bestimmt.
Ich bin stolz, dass Sie es war, die mich 1990 für die politische und ehrenamtliche Arbeit begeistern konnte und ich in vielen Begegnungen von dieser Frau mit Herz und Sympathie, von dieser mütterlichen Freundin, lernen durfte. Umso mehr freue ich mich, dass wir heute mit der Benennung des Bereiches Kirchenstraße 11 bis 15, mitten in ihrer Stadt, ihre Leistung entsprechend würdigen.
Mitmenschlichkeit und Empathie, die Fähigkeit mitzufühlen und sich in andere hineinzuversetzen sind die Leitmotive, die über diesem großen Leben stehen.
Brigitte Escherhausen war eine leidenschaftliche, mit Herz und Verstand handelnde Kommunalpolitikerin, die ihre Fähigkeiten und ihre Mitmenschlichkeit über die Grenzen der Parteipolitik hinaus einzusetzen wusste.
Als 8jähriges Mädchen erlebte sie auf der Flucht 1945 furchtbare Begebenheiten, die sie nicht immer verstehen und entsprechend auch nicht einordnen konnte. Nach einer ungewissen Odyssee, die zweieinhalb Monate dauerte, kam die Familie an einem schönen Frühlingstag auf dem Bahnhof in Osterholz-Scharmbeck an. Es sollte die Endstation sein und Osterholz-Scharmbeck ganz und gar ihre Heimat werden.
Viele Jahre später sagte Brigitte Escherhausen einmal: Ich bin dem lieben Herrgott dankbar, dass wir hierhergekommen sind, dass wir das Inferno überlebt haben – und dass ich ein wunderbares Leben in Osterholz-Scharmbeck haben durfte.
In ihrer 11 Jahren als ehrenamtliches Stadtoberhaupt wird sie oft als „Seele Osterholz-Scharmbecks“ tituliert. Das dürfte nicht unmaßgeblich ihrer emphatischen, zu-packenden und bisweilen höchst temperamentvollen Natur zuzuschreiben sein. Sie setzte mehr auf Verständigung denn auf Konfrontation und wollte stets so viel wie möglich für die Stadt herausholen. Das hat sie erfolg-reich und beliebt gemacht und ihre große Anerkennung über die Stadtgrenzen hinaus eingetragen. Sie war das Gesicht von Osterholz-Scharmbeck. Sie war eine Bürgermeisterin zum Anfassen und die Menschen hatten keine Berührungsängste. Nicht nur deshalb wurden ihr das Bundesverdienstkreuz, die Willy-Brandt-Medaille und der höchste zivile Orden der US-Army verliehen.
Bis ins hohe Alter war sie scharfsinnig, stets gut informiert und interessiert am kommunalpolitischen Geschehen in unserer Stadt und in unserem Landkreis.
Brigitte Escherhausen wird uns als verantwortungsbewusste und verlässliche Frau in guter Erinnerung bleiben.
Ich bitte dem Antrag meiner Fraktion, dem Platz im Bereich der Gebäude Kirchenstraße 11 bis 15 nach unserer ehemaligen Bürgermeisterin Brigitte Escherhausen zu benennen, zuzustimmen.
Vielen Dank!